. .

Schwankende Kaffeepreise



————————————————————————————————————————————————–

Im Jahre 2009 verbrauchten wir Deutsche durchschnittlich 6,4 Kilogramm Rohkaffee pro Kopf. Der Preis für ein amerikanisches Pfund ( = 450 g ) Rohkaffee der beliebten Sorte „Arabica“ schwankte zu diesem Zeitpunkt leicht zwischen 1,3 und 1,5 US- Dollar. Zu Beginn des zweiten Quartals im Jahre 2011 notieren die Rohstoffbörsen für ein amerikanisches Pfund „Arabica“ jedoch einen Rekordpreis von 3,22 Dollar. Der Welthandel erlebte für Rohkaffee innerhalb von zwei Jahren eine Preissteigerung von über 100%, wovon auch herbere Sorten wie „Robusta“ betroffen sind. Wir Verbraucher werden wohl oder übel für unser Lieblingsgetränk bis auf weiteres tiefer in das Portemonnaie greifen müssen. Tchibo, der größte deutsche Kaffeeröster und der Einzelhandel haben ihrerseits bereits mit Preiserhöhungen reagiert. Doch wie kommt es zu solch extremen Preissprüngen für Rohkaffee?

Jahrzehntelange Überproduktion

Bis in die ersten Nachkriegsjahre des zweiten Weltkrieges war Kaffee ein Luxusgut. Die typischen Anbauländer erzeugten noch lange nicht genügend Mengen Rohkaffee, um den weltweiten Bedarf decken zu können. In Deutschland kostete ein Pfund handelsüblicher Röstkaffee 1950 noch durchschnittlich 14,40 deutsche Mark. Für damalige Verhältnisse ein enormer Preis, den sich nur wohlhabende Leute leisten konnten.

Nach 1950 erkannten die Erzeugerländer, im Allgemeinen wirtschaftlich arme Entwicklungsländer, mehr und mehr das Marktpotential des Rohkaffee- Exports. Die Zahl der Kaffeebauern sowie der Grad der Technisierung nahm stetig zu. Zu verlockend war die Aussicht, dass die Produktion der kleinen grünen Kaffeebohnen ein besseres Leben in relativem Wohlstand ermöglichen würde. So kannte der Eifer der Bauern sowie die der jeweiligen Exportpolitik keine Grenzen. Es entstand mehr und mehr eine problematische Überproduktion, die sich äußerst nachteilig auf die Preisbildung des Rohkaffees an den Rohstoffbörsen auswirkte. Der weltweite Konsum von Kaffee nahm hingegen nur unverhältnismäßig langsam zu. In der Folge dieser Entwicklung, die im Grunde bis heute anhält, waren (und sind) die Kaffeebauern gezwungen, ihren Kaffee zu Dumpingpreisen abzugeben, um überhaupt Absatz zu generieren.

Zwar gab und gibt es Regulierungsbemühungen der ICO (International Coffee Organization), ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Rohkaffee Markt zu erzielen, doch aus diversen Gründen gelingt eine Regulierung nur teilweise.

Die verhältnismäßig niedrigen Preise für handelsüblichen Kaffee und Kaffeeprodukte, welche wir als Verbraucher in europäischen Industrieländern vorwiegend gewohnt sind, resultieren also in erster Linie aus einem starken Überangebot von Rohkaffee aus den Export- Ländern. Allerdings kommt es in unregelmäßigen Zeitintervallen immer wieder zu den anfangs erwähnten sprunghaften Preissteigerungen.

Klimatische Bedingungen können die Erträge extrem mindern

„Arabica“ und „Robusta“ sind die beiden einzigen Kaffeesorten mit wirtschaftlicher Bedeutung. Ihr Anbau stellt hohe Anforderungen an die Wachstumsbedingungen: Höhenlage, Lufttemperatur, Niederschlagsmenge, Wind- und Schatten- Verhältnisse müssen für einen optimalen Ertrag stimmen. Beide Sorten bevorzugen Alluvialböden (Schwemmböden) oder Vulkanböden. „Robusta“ benötigt daneben noch Humus. Die empfindlichen Kaffeepflanzen reagieren auf suboptimale Klimaverhältnisse mit sehr niedrigen Erträgen.

Brasilien ist weltweit Kaffeeexporteur Nummer eins und lieferte allein 2009 sechs Millionen Säcke mit jeweils 60 kg Rohkaffee nach Deutschland. Die brasilianischen Höhenlagen werden jedoch in unregelmäßigen Zeitintervallen von plötzlichem Frost heimgesucht, der schlimmstenfalls komplette Ernten vernichtet. Leiden weitere starke Erzeugerländer wie Vietnam, Indonesien oder Peru im gleichen Jahr ebenfalls unter klimatisch ungünstigen Bedingungen und damit ihrerseits unter geringen Erträgen, entsteht plötzlich ein Rohkaffee Defizit, das nicht zu kompensieren ist. Das übliche Überangebot schlägt in sehr kurzer Zeit in ein Unterangebot um.

Die Rohkaffee Börsen reagieren bei Missernten und entsprechender Verknappung sehr empfindlich mit deutlichen Preissteigerungen, da die Lagervorräte schnell erschöpft sind. „Spekulative Geschäfte mit Rohkaffee an den Börsen katalysieren die Preisentwicklung zusätzlich“, weiß Mark Boltmann vom Ratgeber Magazin Elbsenf. „Investieren Anleger bei drohender Rohkaffee Knappheit rechtzeitig, erzielen sie aufgrund der folgenden Preissteigerungen bei gleichsam gesichertem Absatz sehr attraktive Renditen“, so Boltmann weiter.

Ein weiterer preistreibender Aspekt ist der langsam, aber stetig steigende globale Konsum von Kaffee. Während typische Importländer wie Deutschland, Italien und Frankreich seit vielen Jahren weitgehend konstante Mengen Rohkaffee einführen, steigt in einstigen Entwicklungsländern wie Brasilien der Eigenkonsum von Kaffee sukzessive an, da sich die Volkswirtschaften gut entwickeln und die Kaufkraft der Konsumenten steigt. Zwar hat diese Entwicklung gegenwärtig eher noch einen geringen Einfluss auf die globale Nachfrage an Rohkaffee, aber die Tendenz ist klar steigend.

Quellen:

FAZ, Berliner Zeitung, Perspektive 89, Deutscher Kaffeeverband, Finanzen.net, International Coffee Organization (ICO), Wikipedia, Wallstreet Journal